Im Job lügen – ist das erlaubt?
Spoiler: Lügen haben kurze Beine – auch bei der Arbeit. ABER: Gibt es vielleicht Situationen im Job, in denen Lügen erlaubt sind oder zumindest aus juristischer Sicht ohne Nachspiel bleiben? Wir haben uns für dich schlau gemacht und ein bisschen recherchiert.
1️⃣Grundlegendes über Wahrheit und Lüge bei der Arbeit
Grundsätzlich gilt: Alle Angaben, die du zu deiner Person in einem Arbeitsvertrag machst, müssen der Wahrheit entsprechen. So musst du beispielsweise deine persönlichen Daten korrekt angeben. Namen, Nachnamen, Geburtsdatum und Ort, Steuernummer, Studientitel, Schulabschlüsse, Zeugnisse und Ausbildungen müssen vollkommen der Wahrheit entsprechen. Falscherklärungen gelten hier als Straftat und können rechtliche Konsequenzen mit sich ziehen.
Der Arbeitsvertrag ist ein wichtiges Dokument, welches nicht nur das Arbeitsverhältnis zwischen dir und deinem Arbeitgeber/deiner Arbeitgeberin regelt, sondern auch ganz klar deine Rechte und Pflichten als Arbeitnehmer/in definiert – auch jene in Bezug auf Datenschutz, Eigenerklärungen und sonstige Angaben von Informationen. Wende dich im Zweifelsfall auch immer an eine Gewerkschaft. Infos zum Thema Arbeitsverträge findest du auch in unserem Blogartikel Arbeitsverträge verstehen.
Unabhängig davon solltest du im Team und mit deinen Vorgesetzten immer darum bemüht sein, eine ehrliche und professionelle Beziehung zu pflegen. Das schafft gegenseitiges Vertrauen, Loyalität und ein positives, wertschätzendes Arbeitsklima. Dazu bist du laut Zivilgesetzbuch (Art. 2104 & 2105 ZGB) sogar verpflichtet. Diese Ehrlichkeit reicht vom Bewerbungsprozess bis hinein in den Arbeitsalltag und bezieht sich auch auf deine täglichen Aufgaben, die es bei der Arbeit zu bewältigen gibt. Klappt da mal etwas nicht so wie geplant oder gefordert, dann nimm das als Lehrgeld, lerne draus und sprich offen darüber, ohne es durch eine Lüge, Falschangaben oder Ausreden unter den Teppich zu kehren. Das würde der Zusammenarbeit schaden und die Vertrauensbasis beeinträchtigen, die zwischen dir, deinem Team und Vorgesetzten besteht – unter Umständen mit schwerwiegenden Folgen, die bis zum Disziplinarverfahren oder einer Kündigung reichen können (vgl. dazu auch Art 2106 ZGB)
Wenn Mitarbeiter/innen über bestimmte Qualifikationen lügen, die für ihre Arbeitseinstellung ausschlaggebend waren, dann kann der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis annullieren. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin seinen/ihren Arbeitgeber/in absichtlich hinters Licht führt. Diese Bestimmung ist im Artikel 1427 ff ZBG vorgesehen.
Es gibt aber Situationen, in denen du keine Konsequenzen für eine Lüge zu befürchten brauchst. Nämlich dann, wenn es sich um Fragen seitens deiner Arbeitgeber/innen handelt, die diskriminierend sind.
Schutz vor Diskriminierung: Europäische und nationale Richtlinien sowie Richtlinien auf Landesebene, bilden hierfür einen wichtigen normativen Hintergrund. Diese rechtlichen Grundlagen kannst du auf den Webseiten der Volksanwaltschaft und der Gleichstellungsrätin einsehen.
2️⃣Diese Fragen gelten als diskriminierend
Folgende Fragen kann dir dein Arbeitgeber/deine Arbeitgeberin zwar stellen, du hast aber das Recht die Antwort zu verweigern, ohne, dass sich daraus Konsequenzen für dich ergeben dürfen. Es handelt sich um Fragen, die eine mögliche Diskriminierung mit sich ziehen:
- Fragen nach deiner Sexualität
- Fragen nach deiner religiösen Zugehörigkeit
- Fragen nach deiner ethnischen Herkunft
- Fragen nach deiner politischen Ausrichtung
- Fragen nach Zugehörigkeit zu einer politischen Bewegung oder Partei
- Fragen nach deiner künftigen Familienplanung/Kinderwunsch
- Fragen, ob eine Schwangerschaft besteht
- Fragen nach Erkrankungen
- Fragen nach einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung
- Fragen nach einer psychischen Erkrankung
- Fragen nach Vorstrafen
- Fragen nach deinem Vermögen
In solchen Fällen darfst du:
- Der Frage ausweichen
- Sie schlicht und einfach nicht beantworten mit dem Hinweis auf deine Persönlichkeitsrechte – bleibe dabei freundlich, aber klar
- Die Frage gegebenenfalls auch mit einer Lüge beantworten
- Falls dir mehrere dieser diskriminierenden Fragen gestellt werden, darfst du das Gespräch auch abbrechen
- Dich auch an die Gleichstellungsrätin oder an die Antidiskriminierungsstelle der Volksanwaltschaft wenden, falls du das Gefühl hast, diskriminiert zu werden
Es gibt aber Kontexte, in denen einzelne der oben aufgelisteten Fragen seitens der Arbeitgeber/innen aber trotzdem berechtigt und Lügen bzw. Falschangaben deinerseits verboten sind: 1. KRANKHEITEN/BEEINTRÄCHTIGUNGEN: Unabhängig von der Aussage der Mitarbeiter/innen werden in den meisten Fällen Eignungstests und auch regelmäßige, arbeitsmedizinische Visiten durchgeführt. 2. SCHWANGERSCHAFT: Die Frage nach einer Schwangerschaft wäre zum Beispiel dann berechtigt, wenn du Tätigkeiten ausführen müsstest, die die Schwangerschaft, also dich und dein ungeborenes Kind, gefährden könnten: zum Beispiel in Kontakt mit gefährlichen Chemikalien, Röntgenstrahlen etc. 3. VORSTRAFEN: Der Arbeitgeber/die Arbeitgeber/in darf, falls dies im jeweiligen beruflichen Kontext gerechtfertigt ist, auch die Frage nach einer Vorbestrafung stellen. So zum Beispiel kann es je nach Branche sein, dass nach vergangenen Verkehrsdelikten gefragt wird, die dann wahrheitsgetreu angegeben werden müssen. Außerdem dürfen Arbeitgeber/innen einen Strafauszug von den Mitarbeitenden einfordern, wenn es bei der Arbeit um einen regelmäßigen und unmittelbaren Kontakt zu Kindern geht. 4. INTERESSENSKONFLIKTE: Die Frage nach einer politischen oder gewerkschaftlichen Tätigkeit kann dann erlaubt sein, wenn die Gefahr eines Interessenkonfliktes im Beruf bestehen könnte und daher überprüft werden muss. Generell müssen Mitarbeiter/innen ihren Arbeitgebern/ihrer Arbeitgeberin jede Nebentätigkeit (auch Volontariat) schriftlich mitteilen und gewährleisten, dass kein Interessenskonflikt vorhanden ist. Wie du siehst, ist es als Arbeitnehmer/in enorm wichtig, sowohl über die eigenen Rechte als auch Pflichten Bescheid zu wissen. Hast du also in einer Bewerbungssituation oder bei der täglichen Arbeit irgendwelche Zweifel darüber, welche persönlichen Informationen du deinem Arbeitgeber/deiner Arbeitgeberin tatsächlich mitteilen musst, dann hol dir Rat. Lies dir immer auch nochmal deinen Arbeitsvertrag durch. Vermeide Lügen, aber schütze dich, wenn deine Persönlichkeitsrechte verletzt werden! Nur wer gut informiert ist, kann selbstsicher in diskriminierenden Situationen reagieren und vielleicht sogar andere Mitmenschen oder Arbeitskollegen und -kolleginnen zu diesem Thema sensibilisieren. Dieser Blogartikel wurde mit freundlicher und fachlicher Unterstützung von ELAS verfasst, unseren Ansprechpartnern in Sachen Lohnbuchhaltung und Arbeitsrecht. Dieser Blogbeitrag ist kein Ratgeber für Rechtsfragen und kann keine Rechtsberatung ersetzen. Wende dich bei arbeits- und steuerrechtlichen Fragen oder bei Sachverhalten rund ums Thema Finanzen daher immer an Steuer- und Rechtsexperten. Karriere Südtirol übernimmt keine Haftung für getätigte oder unterlassene Aktionen und Entscheidungen, welche auf Basis dieses Blogartikels unternommen werden.3️⃣Fazit
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