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Inklusion: Menschen mit Beeinträchtigung am Arbeitsplatz

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Inklusion: Menschen mit Beeinträchtigung am Arbeitsplatz

Wussten Sie, dass Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung am Arbeitsplatz nicht nur ein Recht dieser Menschen ist, sondern auch eine Pflicht für Unternehmen? Hand aufs Herz – wie steht es denn in Ihrem Unternehmen in Sachen Inklusion? Ein schwieriges Thema? Oder haben Sie darin schon etwas mehr Erfahrung? In diesem Blogartikel wollen wir darüber sprechen, was Inklusion bedeutet, auf welchen rechtlichen Grundlagen sie in Südtirol/Italien basiert, wo Inklusion beginnt und wie Sie Inklusion am Arbeitsplatz ganz konkret gestalten können, damit sie gelingt.

1️⃣ Inklusion – eine gesamtgesellschaftliche Definition

Der Begriff Inklusion leitet sich aus dem Lateinischen „includere“ ab und bedeutet einschließen. Damit ist gemeint, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner Herkunft, seines Aussehens, Alters oder seiner Beeinträchtigung, nicht nur aktiv an allen Bereichen des Lebens teilnehmen, sondern auch gleichberechtigt mitmachen darf.

Das heißt für den Lebensbereich Arbeit folglich nicht nur, dass jeder Mensch ein Recht auf Arbeit und Beschäftigung hat, sondern auch, dass er ein Recht darauf hat, als vollwertig angenommener Teil eines Teams in alle Aspekte des Berufslebens miteinbezogen zu werden.
In Italien wurde ein erster Grundstein dazu bereits in den 70er Jahren gelegt, durch ein Gesetz, welches schon damals die Integration von Kindern und Jugendlichen in die allgemeinen Klassen der Grund- und Mittelschulen vorsieht. Darin ist Italien ein absoluter Vorreiter, auch noch in der heutigen Zeit. Grundlegende Überlegungen zum Thema Inklusion am Arbeitsplatz stammen teilweise auch aus diesem anfänglichen, pädagogischen Integrationsgedanken.
Wobei Inklusion noch viel weit- und tiefgreifender ist als bloße Integration, wie folgendes Schaubild zeigt. 

Inklusion bedeutet hier nämlich nicht: Du bist als Außenstehende/r dabei, bleibst aber am Rand, weil du dich der Geschwindigkeit, den Anforderungen und Erwartungen der Gesellschaft bzw. des Arbeitslebens nicht anpassen kannst. Sondern: Du Mensch nimmst aktiv Teil, und damit du dich nach Maßgabe deiner vorhandenen Fähigkeiten und Stärken einbringen und weiterentwickeln kannst, werden dementsprechende organisatorische, inhaltliche, strukturelle, kommunikative und zwischenmenschliche Maßnahmen gemeinsam mit dir erarbeitet und ergriffen.  

Wichtig

Inklusion ist nicht etwas, das Menschen mit Beeinträchtigung passiv aufgesetzt werden sollte. Sie sollen Inklusion aktiv mitgestalten und mitbestimmen können, auch am Arbeitsplatz!

2️⃣ Gesetzliche Grundlagen und was Arbeitgeber wissen sollten

Inklusion am Arbeitsplatz stützt sich aus rechtlicher Sicht in Südtirol auf drei Pfeiler:
  • Die UN-Behindertenrechtskonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf internationaler Ebene
  • Das Staatsgesetz vom 12.03.1999 Nr.68 sowie das Gesetzesvertretende Dekret vom 14.09.2015 Nr. 151 auf nationaler Ebene
  • Das Landesgesetz vom 14.Juli 2015 Nr.7, das Landesgesetz vom 30. April 1991, Nr.13 sowie Beschlüsse der Landesregierung auf lokaler Ebene
In Südtirol sind Unternehmen wie im restlichen Italien auch durch oben genanntes Staatsgesetz von 1999 dazu verpflichtet, Menschen mit Beeinträchtigungen einzugliedern. Zu dieser Personengruppe zählen beispielsweise:
  • Kriegsversehrte und Dienstinvaliden
  • Zivilinvaliden ab einem Invaliditätsgrad von 46%: körperliche oder kognitiver Beeinträchtigungen/Lernschwierigkeiten
  • Menschen mit psychischen Erkrankungen, die die Arbeitsfähigkeit beeinflussen (abhängig vom festgestellten Invaliditätsgrad)
  • Blinde und gehörlose Menschen

  • Arbeitsinvaliden mit einer Invalidität ab 34 %
Weiters regelt oben genanntes Staatsgesetz auch, wie viele Menschen mit Beeinträchtigung oder besonderen Bedürfnissen ein Unternehmen einstellen muss. Hierbei gilt eine Pflichtquote:
  • sieben Prozent bei einer Unternehmensgröße von mehr als 50 Angestellten
  • zwei Personen bei 36 bis 50 Angestellten
  • einen Menschen bei 15 bis 35 Mitarbeiter/innen

Für diese Pflichtquote gibt es in bestimmten Situationen Befreiungen bzw. Teilbefreiungen. Die Kriterien dafür sind im Ministerialdekret 357/2000 enthalten.

Wichtig

Unternehmen, die Menschen mit Beeinträchtigungen einstellen, erhalten Beiträge, die nach dem Grad der jeweiligen Beeinträchtigung festgelegt sind. Weiterführende Erklärungen sowie Informationen zum normativen und organisatorischen Kontext von Inklusion am Arbeitsplatz finden Sie beispielsweise in dieser Stellungnahme der Gleichstellungsrätin sowie beim Amt für Arbeitsmarktintegration .

3️⃣ Tipps für inklusive Arbeitsplätze

Inklusion am Arbeitsplatz beginnt nicht erst am Arbeitsplatz, sie beschränkt sich außerdem nicht nur auf die bloße Beseitigung von architektonischen Barrieren. Für eine gelungene Inklusion sollten Sie als Unternehmen deshalb folgendes beachten:
  • ✅In Südtirol werden viele Mitarbeiter/innen, die dieser sog. geschützten Kategorie angehören, vom Arbeitsvermittlungszentrum an die Unternehmen vermittelt. Trotzdem sollten sich Stellenangebote, wann immer eine Stelle dafür geeignet ist, auch speziell an diese Menschen richten und gegebenenfalls auch ergänzend in leichter Sprache formuliert sein. Inklusion beginnt nämlich schon bei der Stellenanzeige und zieht sich auch durch den gesamten Bewerbungsprozess
  • ✅Bewerbungsprozesse sollten so gestaltet werden, dass auch Menschen mit Beeinträchtigung oder Neurodiversität teilnehmen können und sich wohlfühlen: Barrierefreiheit sowie die Möglichkeit der Benutzung von alternativen Kommunikationsformen und kommunikativen, elektronischen Hilfsmitteln sollten im Bewerbungsgespräch gewährleistet sein
  • ✅Ein Unternehmen, das Menschen mit Beeinträchtigung aufnehmen möchte, sollte sich vorab immer informieren, was die jeweilige Person braucht in Bezug auf physische Hilfsmittel und architektonische Barrierefreiheit, Softwareprogramme, organisatorische Hilfsmittel (in leichter Sprache verfasste Arbeitspläne, Arbeitspläne und Anleitungen mit Piktogrammen), persönliche Assistenz in bestimmten Situationen des Arbeitsalltages (Einnahme von Mahlzeiten, Benutzung der Toilette, Bedienung bestimmter Geräte), Informationen zu möglichen Situationen, die Überforderung auslösen könnten etc.
  • ✅Auch das Onboarding sollte gut durchdacht und vorbereitet werden: So kann in den ersten Monaten (aber generell je nach individuellem Bedarf) ein Mentor/eine Mentorin bzw. eine betriebsinterne Person erforderlich sein, welche die neue Mitarbeiterin/den neuen Mitarbeiter begleitet. Wie diese Begleitung aussieht, hängt davon ab, welche Bedürfnisse die jeweilige Person mit Beeinträchtigung hat. Dies kann in einem Vorgespräch mit der Person und gegebenenfalls auch mit den zuständigen Fachpersonen für Arbeitseingliederung und den sogenannten Jobcoaches ermittelt werden
  • ✅Gemeinsame Aktivitäten und Momente des Austausches (Kaffeepausen, Mittagessen, Firmenevents, Ausflüge) und der Zusammenarbeit stärken die Inklusion im Team.

Außerdem gilt es, das Team in Bezug auf die Beeinträchtigung des neuen Mitarbeiters/der neuen Mitarbeiterin zu sensibilisieren, und zwar ohne die Privatssphäre der Person mit Beeinträchtigung zu verletzen: Welche Unterstützungsmaßnahmen wird die neue Person brauchen, gibt es Triggerfaktoren, die bei der Arbeit bestimmte emotionale Reaktionen oder körperliche Beschwerden (z.B. Epilepsie) auslösen können und wie wünscht sich die Person in solchen Momenten, begleitet zu werden? Diese Informationen helfen dem Team, die eigenen Hürden im Umgang mit einer Person die „anders“ ist, leichter zu überwinden und öffnet Wege zum Miteinander
  • ✅Auch Menschen mit Beeinträchtigung können zum Erfolg eines Unternehmens einen entscheidenden Beitrag leisten. Nur weil jemand aufgrund seiner Beeinträchtigung, Neurodiversität oder psychischen Erkrankung „anders“ ist, heißt das noch lange nicht, dass er/sie eine Belastung für das Unternehmen darstellt. Eine kompetenzorientierte Grundhaltung ist hier das Um und Auf! Südtiroler Unternehmen machen immer wieder die Erfahrung, dass diese Menschen sehr wohl motiviert und mit großem Einsatz ihre Arbeit durchführen und dabei oftmals kreative Lösungsansätze und andere Sichtweisen mitbringen. Vielfalt lautet dabei das Stichwort und das bedeutet für ein Unternehmen auch immer neue Ideen und Fortschritt

Profitipp

Inklusion hat einen positiven Effekt auf die gesamte Unternehmenskultur und auch darauf, wie ein Unternehmen von innen und von außen wahrgenommen wird. Attraktive Unternehmen, die neue Talente anziehen, sich weiterentwickeln und auch zu einer nachhaltigen, toleranten Gesellschaft beitragen möchten, wissen, dass ehrliche Inklusion hier ein wichtiges Schlüsselelement darstellt.

In diesem Sinne: Trauen Sie sich, Ihre Türen für die Vielfalt zu öffnen! Viel Erfolg!
 
Dieser Blogartikel ist kein Ratgeber für Rechtsfragen und kann keine Rechtsberatung ersetzen. Wenden Sie sich bei arbeits- und steuerrechtlichen Fragen oder bei Sachverhalten rund ums Thema Finanzen daher immer an Steuer- und Rechtsexperten. Karriere Südtirol übernimmt keine Haftung für getätigte oder unterlassene Aktionen und Entscheidungen, welche auf Basis dieses Blogartikels unternommen werden.
 
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